Mit dem Frühling auf Tuchfühlung

Die Blüten der Wilden Kirsche
Die Blüten der Wilden Kirsche

 

Es ist merklich kühler geworden. Günstig ist es aber, dass Sonne und Wolken um ihre Führerschaft am Firmament ringen und so einer schönen Tour wettermäßig nichts im Wege steht. Ein typisches Aprilwetter mit allem, was der April zu bieten hat, soll sich in den nächsten Tagen einstellen. Grund genug also, um jetzt die Kamera mitzunehmen. Ich bin mit der Nikon D70s unterwegs, einer Kamera mit einer Auflösungsrate von 6 Megapixeln. Eine für heutige Verhältnisse "digitale Steinzeitauflösung", also nicht mehr ganz der hiesigen Zeit entsprechend. Mit Geduld, etwas fotografischem Geschick und schönen Motiven können auch mit diesem digitalen „Urgetüm“ sehenswerte Fotos gelingen.

 

(Info: Alle Aufnahmen lassen sich per Anklicken vergrößern)

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein Zitronenfalter
Ein Zitronenfalter

 

 

 

 

Der Frühling ist überall sichtbar und auch hörbar. Wildbienen summen, Vögel singen und einige Falter wie der Zitronenfalter, der Aurorafalter oder das Tagpfauenauge schwingen ihre Flügel in die große Freiheit auf der Suche nach Energie- und Nahrungsquellen. Sie werden fündig, denn gut über die Region verteilt blühen die Blüten der Schlehen, der Wilden Kirschen und einige Wildblumen laden ebenfalls zum Pollenschmaus ein. Große Sternmiere, Scharbockskraut, Persischer Ehrenpreis, Rote Taubnessel, Gundermann, Gänseblümchen, Wiesen-Schaumkraut, Löwenzahn und Co. zeigen ihre bunte Pracht.

 

 

 

 

 

Die unerlässlichen Insekten:

 

Das Frühjahr: Wildblumen, Sträucher & Co.:

Das kampferprobte Tagpfauenauge
Das kampferprobte Tagpfauenauge

 

 

Ich entdecke ein Tagpfauenauge ruhend auf einer Wiese. Es sieht ziemlich mitgenommen aus: Die Farben seiner Flügel sind nicht mehr so bunt und den Flügeln selbst fehlen einige kleine Teile. Es schaut so aus, als ob es einen Kampf, einen Lebenskampf, gegeben hätte. Häufig verfangen sich tieffliegende Falter in einem Spinnennetz. Um dem drohenden Tod zu entkommen, werden alle zur Verfügung stehenden Mittel und Kräfte eingesetzt. So kommt es, dass Farbschuppen und kleine Teile der Flügel

dafür herhalten müssen. Auch wenn nach einem solchen Gefecht die Schmetterlinge nicht mehr in ihrem prächtigen Glanz, wie dieses Exemplar (siehe Bild li.), erscheinen, so genießen sie weiterhin ihre Freiheit und ihr   "neugewonnenes zweites Leben“.


Die Eiche (ältere Aufnahme)
Die Eiche (ältere Aufnahme)

 

Auf meiner Wanderung sehe ich plötzlich auf dem Boden etwas rötlich Glänzendes. Es ist eine Ein-Pfennigmünze, ein Relikt aus DM-Zeiten. Wahrscheinlich hat es jemand bisher mit sich getragen und hier verloren, denn es ist in einem recht guten Zustand. Ich wende den Pfennig und sehe den eingeprägten fünfblättrigen Eichenzweig. Irgendwie lustig das Ganze, bin ich doch gerade an einer Eiche vorbeigegangen. Eichen gibt es hier neben Erlen, Eschen, Weiden, Pappeln und Birken häufig zu sehen. Manche von ihnen sind älteren Jahrgangs und ihre Äste ragen wie gespentische Arme über den Wegen.

 

Zur deutschen Eiche

 

Als Setzling war sie auf dem Fünfzigpfennigstück abgebildet, ihr Laub schmückt als Ornament militärische und zivile Orden und etliche deutsche Gaststätten wurden nach ihr benannt: Die deutsche Eiche. Obwohl die Eiche in den verschiedensten Regionen der Welt wächst, galt sie vielen Deutschen lange nicht einfach nur als irgendein Baum. Es war ihr Baum, mit dem sie sich als Nation identifizierten. Die Wurzeln dieses deutsch-patriotischen Eichenkults reichen tief. Eine besonders kräftige kommt aus der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts: Als es nach der Revolution 1848/49 misslungen war, aus der Vielzahl von deutschsprachigen Fürstentümern, freien Städten und Königreichen ein gemeinsames Staatsgebilde zu formen, wurde die deutsche Eiche einmal mehr zur nationalen Projektionsfläche. Ein Poet, der obendrein Joseph von Eichendorff hieß, schrieb von seiner Heimat als dem „Land der Eichen“ und verknüpfte den Baum mit dem weiteren deutschen Streben nach Einigkeit und kultureller Identität. Für die enge Verbindung von Land und Bäumen gab es bereits eine Tradition. Wenige Jahre zuvor hatte der Märchensammler und Philologe Jacob Grimm in seiner „Deutschen Mythologie“ die Eichen als Orte eines ursprünglichen „altdeutschen Waldcultus“ dargestellt. Und schon 1769 schwärmte der Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock in seinem Bühnenstück über die sogenannte Hermannsschlacht von germanischen Stammeskriegern, die zu antiker Zeit „wie die Eiche eingewurzelt“ dem Angriff der Römer trotzten. Nicht nur die germanischen Fußtruppen, sein ganzes „Vaterland“ verglich er mit der „höchsten, ältesten, heiligsten Eiche“. Mit solchen Metaphern bezog man sich oft auf die Schilderungen eines antiken römischen Historikers namens Tacitus. Der hatte um das Jahr100 n.Chr. über dieselbe Schlacht berichtet und das dicht bewaldete Land, in dem die Römer unterlegen waren, dramatisch beschrieben. Das Gebiet östlich des Rheins sei „durch seine Wälder grauen-erregend“. Es war also keineswegs nur Romantik und Trauer über eine verpatzte historische Vereinigungschance, was die deutsche Liebe zur Eiche bis in die Neuzeit befeuerte. Diese Vereinnahmung eines Baumes durch eine Nation hatte immer auch düstere Untertöne – etwa als sich Preußen und seine Verbündeten zwischen 1813 und 1815 im Krieg mit dem napoleonischen Frankreich befanden. Ein damals bekannter Publizist wagte den Reim „Eichen auf Leichen“. Die Aufladung der Eiche mit kriegerischer Bedeutung fand im Nationalsozialismus ihren Höhepunkt. Hitler pflanzte überall im Lande Eichen und die offizielle Propaganda machte den deutschen Wald zum Symbol eines Nationalcharakters. Die fest verwurzelten Deutschen gegen die rastlosen Nomaden aus den östlichen Steppen und das heimatlose jüdische „Wüstenvolk“. Ab dem Jahr 1938 verbot man jüdischen Menschen sogar das Betreten deutscher Wälder. Nach diesen Auswüchsen kam der Eichenkult in der Nachkriegszeit allmählich zum Erliegen. Sichtbar sind seine Reste nur noch als Eichenblatt auf der Rückseite der deutschen Ein-, Zwei- und Fünfcentmünze, als „Eichenlaub“ in zwei Dienstgradabzeichen der Bundeswehr oder auch in dem einen oder anderen in die Jahre gekommenen Gasthof „Zur Deutschen Eiche“, der noch überlebt hat.

(Quelle: Text von Oliver Geyer aus dem Flutermagazin Nr. 78/Frühjahr 2021 )

 

Eine Eiche im fortgeschrittenen Frühjahr (ältere Aufnahme)
Eine Eiche im fortgeschrittenen Frühjahr (ältere Aufnahme)

 

 

Weiter auf meiner Tour befinde ich mich auf einem kleinen Pfad mitten in einem Wald. Hier entdecke ich einen heruntergefallenen Ast, der an einen  Dreizack erinnert. In der griechischen Mythologie ist der Dreizack der Stab und die Waffe des Meeresgottes Poseidon. Bei den Römern hatte dieser Gott den Namen Neptun. So kommt bei einem Spaziergang noch aus der Schule fast Vergessenes wieder hervor. Ist das schon lange her!


 

 Im Reich diverser Waldabschnitte:

 

Auf dem Weg nach Hause bleibe ich immer wieder kurz stehen und blicke auf die vor mir liegende wunderschöne Landschaft. Überall ist zartes Grün und das Weiß der blühenden Schlehen zu sehen. Eine junge frische Generation wächst heran. Das neue Leben ist nicht mehr aufzuhalten...

 

Spring - The New Generation:

 

"Wer sich für die Natur keine Zeit nimmt, wird sie auch nie richtig verstehen lernen."

(Homepageherausgeberin, *1966)

 

 


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